Sonntag, 5. Juni 2016

El Pana, die Stiere, die Zigarren und der Tod (1. Teil)

Über einen Torero, der hungrig begehrte erfolgreich zu sein,
aber dem Neid seiner Kollegen über Jahre zum Opfer fiel.
Über den Tod des mexikanischen toreros "El Pana".
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von Philip de Málaga
(Fotos von mundotoroburladerodosTertulia "El Pana")


Schon seit einem Monat verfolgt die Presse sowie die mundo taurino das Leiden des bei einer corrida de toros verwundeten mexikanischen matadores de toros Rudolfo Rodríguez González, als die Meldung durch den Ticker kam:
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"Der matador Rudolfo Rodríguez "El Pana"
verstarb um 18:45 am Donnerstag den 2. Juni 2016"

Dr. Francisco Preciado
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Am 22. Februar 1952 ist Rudolfo Rodríguez González in Apizaco geboren, einer kleinen Gemeinde in dem auch kleinsten mexikanischen Bundesstaat Tlaxcala. Früh bekam er den Spitznamen "Panadero" (Bäcker) weil er in Bäckerei-Betrieben anfing sein Lebensunterhalt zu verdienen. Daher lässt sich auch sein späterer Künstlername als torero ableiten: El Pana. Und so begann er auch schon in seinen jungen Jahren sich parallel zur Backstube mit seinen Altersgenossen im toreo zu üben und zu messen.

Ein guter Anfang ...

Als novillero begann er seinen eigenen Stil zu entwickeln, und war eifrig dabei den mexikanischen figuras wie Luis Procuna, der 1974 dos orejas y rabo in der Monumental de México erringen konnte, Manuel Capetillo Villaseñor, dem damals einer der besten maestros im Umgang mit der muleta und dem "Pharao von Texcoco", der letzten grossen figura importante des mexikanischen Goldenen Zeitalters des toreos, Silverio Pérez, über die Schulter zu schauen. Grosse Namen trieben sein Streben aufs Höchste an, selbst zur grossen Legende des Landes zu werden. Dabei machte er eine harte Schule durch, von vielen erfolglosen festejos geprägt, auch deswegen weil er jede Herausforderung, jede capea, jede chaotische becerrada, mag sie auch noch so gefährlich sein, annahm, bis es ihm gelang 1977 eine novillada in der mexikanischen Hauptstadt zu bestreiten. Und seine "Zurschaustellung" des toreos, seine Prahlerei im ruedo, seine provozierenden Gesten mit den novillos kamen an. Die Begeisterung  in den tendidos überzeugten die empresa dazu, diesem Ausnahmetorero noch mehrere Möglichkeiten zu geben. Und schon begann die "Magie des Hexers aus Apizaco" um sich zu greifen. El Pana füllte verschiedene plazas und hatte eine immer grösser werdende Anhängerschaft, bis er endlich am 18. März 1979 im Alter von 27 Jahren zu seiner alternativa antreten konnte.
El Pana in jungen Jahren, mutig und verwegen.
Vor den Augen seines padrinos Mariano Ramos, des testigos Curro Leal und den Tausenden im Publikum konnte er zwar keine trofeo ergattern, aber man erkannte, dass dort im ruedo eine neue Hoffnung der mexikanischen afición a los toros stehen könnte. Jemand, der wieder Leben in das toreo brachte.  

... aber es sollte anders kommen

Denn für die damaligen figuras importante, die matadores Manolo  Martínez und Eloy Cavazos war das zu viel des Guten. Sie wollten keinen dritten Stern am mexikanischen Torerohimmel, und erst recht keinen, der sie gar verdrängen könnte. In ihrer totalen Ignoranz und mit ihrem mittlerweile grossen Einfluss setzten sie zahlreiche empresarios dermassen unter Druck, dass diese den so viel versprechenden El Pana erst keine Verträge angeboten haben, und wenn, dann nur auf umbedeutsamen carteles. Und so begann für die neue Hoffnung aus México ein Durststrecke des toreos. In den 80-ger Jahren trat er in den ruedos pro temporada gerade mal um die zwanzig Mal an. In den 90-ger Jahren wurden es immer weniger, bis teilweise nur fünf corridas pro temporada. In dieser Zeit gelang es ihm nur wenig, seine persönliche arte del toreo an das breite Publikum der aficionados zu bringen.

El Pana in der Monumental de México
Da gab es diesen 30. November 1981 in der Monumental de México. El Pana begann seine paseillo mit weissen Handschuhen gekleidet und ein derartiges Spektakel nahm seinen Lauf, wo der "Hexer aus Apizaco" sein erstes indulto präsentierte. Danach ein Spiel der Gesten, gefüllt mit Extravaganzen, ein Boheme stellte sich vor, was beim Publikum für eine gewisse tiefe Kontroverse sorgte. Und so folgten noch viele Jahre in der Bedeutungslosigkeit. 

Erst mit dem Ende kam der Anfang ...

Man bot El Pana an, sich am 7. Januar 2007 bei einer corrida de toros in der La México ehrenvoll vom toreo zurückzuziehen. Gerne nahm er das Angebot an, jedoch im Inneren weit davon entfernt es auch zu tun. Denn immerhin, wurde diese corrida live im mexikanischen Fernsehen übertragen. Millionen von Zuschauern hatte er nun die Möglichkeit zu zeigen, was er kann, wie er die tauromaquia interpretiert. Sein persönlicher momento de verdad war gekommen. Und er nutzte diesen wichtigen Moment. Die faena mit dem toro Rey Mago ging in die Geschichte der am meist inspirierten Arbeiten im mexikanischen ruedos ein. Ein Millionenpublikum in der gesamten mundo de los toros, bekam etwas zu sehen, was noch für lange Zeit nicht vergessen sein sollte. Mehr noch, sie erfuhren, was sie bis jetzt alles verpasst hatten. Denn Rudolfo Rodríguez "El Pana" hatte immerhin schon das stolze Alter von 55 Jahren erreicht. Unglaublich!


Ein Jahr später, am 29. Februar 2008 präsentierte er sich auch in Spanien. Die mexikanische Antwort auf den Boheme von der Iberischen Halbinsel. Ein mano a mano zwischen El Pana und Morante de la Puebla. Eigentlich eher ein festejo zum Vergessen, wäre es nicht ein Treffen der Extravaganz gewesen. Zigarre rauchend fuhr El Pana in der Kutsche vor, den paseillo mit mexikanischem Umhang bestreitend zeigte er auf, es ist etwas anderes. Vor allem bei seinem letzten toro liess er das toreotoreo sein, und zeigte Manöver aus seiner Epoche des Anfangs, die da doch schon unkonventionell daherkamen. Es war etwas Anderes. Etwas Neues.
Morante de la Puebla und El Pana in der Kutsche auf dem Weg zur corrida de toros.
Auch bei seinen anderen wenigen Auftritten in Europa ging es nicht um das Einsammeln von trofeos oder triunfos, sondern im Zentrum des ruedos standen nicht der torero und der toro, sondern die historische figura El Pana selbst, der man über Jahre hinweg seine Chance genommen hatte. Ein Boheme der Illusionen in der plaza in wahre Träume verwandelte, einen emotionalen Rausch in den tendidos auslöste, hätte man ihn gelassen. Er gehörte mit Sicherheit zu denjenigen, der die Romantik, vielleicht auch als Surrealist, in und um die plaza de toros verbreiten konnten. Unkonventionell, provokant und mit der nötigen Spritze an Humor. Das war El Pana. Jener El Pana, den man Zigarre rauchend an der barrera sehen wollte.


Fortsetzung folgt.