Freitag, 31. Juli 2015

Bücher statt Stiere




von Philip de Málaga



Über das Setzen von Prioritäten einer Gemeinde
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Keine Frage. Die tauromaquia ist nicht nur Teil der spanischen Kultur sondern auch zum spanischen Kulturerbe deklariert worden. Das gibt den toros eine gewisse Priorität. Aber es bedeutet auf keinen Fall, dass sich deswegen ein municipio verschulden muss, oder es zu Lasten von anderen geht. Wie zum Beispiel der Ausbildung, der Infrastruktur, den sozialen Hilfen etc.

Nicht allen Städten geht es so wie Pamplona. Mit ihrer berühmten feria del toro  und dem weltweiten Interesse brachte es stolze 74 Millionen Euro in die Stadtkasse! Davon können kleine Gemeinden nicht einmal träumen.

Wie zum Beispiel die 5.000 Seelengemeinde Villafranca de los Caballeros, in der Zone der spanischen Windmühlen, in La Mancha. Dort hat der Bürgermeister Don Julián Bolaños (PSOE) eine solche Entscheidung gegen die toros getroffen. Und das Stadtoberhaupt versteht sich durchaus nicht als ein antitaurino. Im Gegenteil sogar, wenn jemand anderes die festejos taurinos finanzieren möchte und kann, würde er dieses grundsätzlich begrüssen und befürworten. Also ist sein Entscheidung keine gegen die tradición taurina.

Aber in seiner Gemeinde herrsche viel Arbeitslosigkeit, und man müsse das Geld den Familien zur Verfügung stellen, die nicht in der Lage seien die Schulsachen für ihre Kinder zu finanzieren. "Dies sei eine Frage der Prioritäten", so der Bürgermeister. Hinzu käme die Tatsache, die Gemeinde verfüge nicht über eine eigene plaza de toros und müsste sich für teures Geld eine plaza portátil anmieten.

Ein kleine Gemeinde ohne eigene plaza de toros
Das Besondere an dieser Aktion ist, dass selbst aficionados, als Befürworter der mundo taurino, diese Entscheidung befürworten. Wenn man toros sehen möchte, könne man dieses ohne weiteres auch in anderen Städten tun. Festejos taurinos gäbe es ja schliesslich fast in ganz Spanien.

Auch in der spanischen Hauptstadt sieht man es positiv. Denn auch dort fliesse nicht ein öffentlicher Euro in die corrida de toros, so verkündete die Bürgermeisterin Doña Manuela Carmen. Allerdings sei Las Ventas, die plaza de toros von Madrid mit ihren 24.000 Plätzen, über 30 festejos taurinos und anderen Veranstaltungen zur mundo de los toros sehr gut selbst in der Lage die Veranstaltungen der toros zu organisieren und zu finanzieren. So sollte es auch grundsätzlich gehandhabt werden.

Allerdings, mit der politischen Entscheidung in der Gemeinde Villafranca de los Caballeros ist man nicht überall einverstanden. Zum Beispiel in Valencia vertritt man die Meinung, dass die toros als spanisches Kulturerbe auf jeden Fall nicht politisch benutzt werden dürften und dementsprechend geschützt werden sollten.

Kurios am Rande, auch bei den antitaurinos stösst diese Entscheidung nicht gerade auf Begeisterung. In deren Augen sei es einfach zu wenig. Statt die Gelder der toros für ein paar Bücher auszugeben, sollte man lieber sehen, sich komplett für die abolición de los toros einzusetzen. Also diese Gelder in den antitaurinismo investieren. Das kann doch nicht deren Ernst sein? Mehr Politisierung ist ja nun wirklich nicht möglich.