Freitag, 10. Januar 2014

Enrique Ponce

Über einen der grössten Kenner der Stiere
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von Colin Ernst 


Wie charakterisiert der maestro Enrique Ponce die verschiedenen Stierzuchten? Für mich ist Enrique Ponce einer der größten Stierkenner in der Szene. Keine Bewegung des Tieres entgeht ihm, er weiß um die besonderen Eigenschaften der Züchtungen. Und er kann das Gesehene hervorragend umsetzen. Etwas, was ihn vom Durchschnittstorero unterscheidet. Worauf achtet der maestro? Auf die hechura und den Körperbau, da kann sein geschultes Auge schon einiges herauslesen. Wie bewegt sich das Tier, galoppiert es zum burladero, oder trabt es. Letzteres, oder das Annähern im Schritt, mag er nicht. Senkt der Stier den Kopf, wenn er zum burladero kommt oder stößt er nach oben? Das alles sind nur Hinweise, Anzeichen, aber der torero weiss um die Veränderungen, die der Stier während der lidia durchmacht. Auch er hat sich mit den ganaderías beschäftigt und die Domecq Stiere hält er für sehr komplett. Sie haben einen ausgewogenen Körperbau, mittlere Bewaffnung, mittlere Größe, recorrido, temple und sind nobel. Was dem maestro wenig gefällt, das sie schon mal am Ende eines muletazos gern mit dem Kopf hochstossen, das ist sehr lästig, schmälert die Ästhetik. Über die Victorinos, mit denen er viele erfolgreiche corridas bestritten hat, äußert er sich positiv. Sie greifen immer schön an, mit dem Kopf nach unten, sie bleiben bei dir. Sie sind ernst zu nehmen, auch wenn sie kleiner und kompakter sind. Auch er sieht die Ähnlichkeit mit den mexikanischen Stieren, die allerdings noch mehr Santa Coloma Anteil im Blut haben, als die Albaserradas von Victorino Martin. Die encaste Nuñez (zum Beispiel Alcurrucen) gefällt ihm der toro mit dem weißen Horn, engatillado, mit rythtmischer Galoppade. Kritisch sieht der maestro ihn in der capote, da sei er kompliziert und man muss viel aus ihm herauslocken. Aber so hat man schon so manch überraschende faena zu sehen bekommen. Mit den Atanasios (zum Beispiel Valdefresno) hat er in den 90gern viele Triumphe gefeiert. Sie seien ähnlich wie die Nunez. Besonders gefallen sie ihm mit der muleta, wo sie beständig, mit dem Kopf nach unten, folgen, viel temple haben. Die Atanasios haben ordentliche Hörner, schwere Knochen, langem, schwerem Körperbau, was schon sehr beeindruckend ist, wenn man davor steht. Die encaste Murube (zum Beispiel Fermín Bohorquez) gefällt ihm wegen ihrem Rhythmus im Galopp, viel temple, aber mit Problemen den Kopf zu senken. Über die Santa Colomas (zum Beispiel Prieto de Cal): Ein sehr ehrlicher toro, der gut galoppiert, bleibt mit gesenktem Kopf in der muleta, hat Ausdauer… ein perfekter toro – wenn es ein „guter“ Santa Coloma ist. Ein „schlechter“ ist der listige toro, der den Kopf nicht senkt, der dich sieht und sucht. Da muss man sehr perfekt arbeiten, sich mit der muleta decken, der toro „malo“ ist der intelligente Stier.