Mittwoch, 22. Oktober 2014

Portugal: Die Tortur nach dem Stierkampf?

Ist der portugiesische Stierkampf eine Alternative?
Ist es besser und gerechtfertigt den toro ausserhalb des ruedos zu töten?
___________________________________________________________________







von Philip de Málaga


Immer wieder erreichen SfA Anfragen, ob die portugiesische Variante nicht eine bessere Alternative zur spanischen corrida sei. Vor allem deswegen, weil der toro nicht im ruedo getötet wird. Zwar unterscheiden sich die spanische und portugiesische Variante, aber beide haben das Ziel den toro zu schwächen. Im wesentlichen reflektiert sich Differenz im ersten und dritten tercio
  1. In Portugal gibt es zwar im ersten tercio einen Reiter, nur statt den toro mit der pica zu provozieren und zu verwunden, setzt er vom Pferd aus die ersten banderillas. Dieses tercio nennt sich lide a cavalo
  2. Das lide a pie gleicht dem spanischen tercio de banderillas, wobei hier die toreros im Anschluss mit capa und muleta agieren. Im Gegensatz zur spanischen Variante werden oft mehr als sechs banderillas gesetzt, um den toro entsprechen zu schwächen.
  3. Bei dem letzten tercio, dem a pega das caras kommen die forcados zum Einsatz. Für viele der Höhepunkt der corrida portuguesa. Dabei treten acht Männer dem toro entgegen und versuchen ihn von vorne so in den Griff zu bekommen, dass dieser sich nicht mehr bewegen kann, vielleicht sogar einknickt.
Forcados nähern sich dem toro (Foto: La Tauromaquia)

Die forcados versuchen den toro zum Stillstand zu bringen (Foto: mundotoro
Danach ist die eigentliche corrida beendet. Das toril öffnet sich, an die zehn vacas betreten das ruedo und führen den toro wieder in das corral. Aber nicht um zu überleben, sondern um zu sterben. Und genau hier beginnt für viele die tourada a la portuguesa.  Denn oft dauert es Stunden, es wurde sogar davon berichtet, erst am nächsten Tag, dass die toros zum matadero gebracht werden. Wohlgemerkt, Tiere welche teilweise schwer verwundet und extrem geschwächt sind. Adrenalin lässt nach und die Beta Endorfine hören auf zu wirken. Und je länger es sich hinzieht um so grösser wird die Tortur. Selbst in portugiesischen Medien ist man sich einig. Die wahre Tortur beginne erst nach der corrida.

Und das alles nur um das Publikum zu schonen? Den Anblick von Blut und Tod nicht zuzumuten? Dem Tod aus dem Wege zu gehen? Ganz unter dem Motto, wie es der französische Philosoph Francis Wolff nüchtern feststellt: "Was man nicht sieht, existiert nicht". Und fügt hinzu, dass man damit der corrida die symbolischen, estetischen und ethischen Beweggründe entzieht.

Genauso betreibt es der antitaurinismo. Auch er verschliesst gerne die Augen und schmeisst in die Runde der Argumente ein, dass in Portugal die toros nicht getötet werden. Schlicht und einfach unwahr. Erstaunt kann man nur beobachten, dass die antitaurinos deswegen noch nicht auf die Barrikaden gegangen sind.

Was kaum einer weiss: Es gibt in Portugal einen Ort mit Namen Barrancos, wo jährlich auf legale Weise ein toro getötet wird. Dieses festejo taurino war lange Zeit verboten und wurde erst zum 1. Juli 2002 von der portugiesischen Regierung legalisiert. Mittlerweile haben schon andere Gemeinden entsprechende Anträge eingereicht um ihre fiestas mit den toros zu spanisieren. Der Wunsch nach festejos a la española scheint im zweiten Land auf der Iberischen Halbinsel wohl vorhanden zu sein.

_________________________________________________________________

Quellennachweis:

Francis Wolf, 50 raisons de défendre la corrida, Editions Mille de une nuits, Fayard, Paris, 2010