Mittwoch, 16. Oktober 2013

Der Mensch ist weder Engel noch Tier

von Ursula Herzog



Am 14. Oktober wurde von den „28 Clubs de la Coordination des Clubs Taurins de Nîmes et du Gard“ der folgende offene Brief an die Antis und besonders an  Jean-Pierre Garrigues von „CRAC Europa“ veröffentlicht.
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Nach Rodilhan und Alès sind Sie in diesem Sommer in Ihrer blinden und gefährlichen Gewalttätigkeit in Rion-des-Landes einen Schritt weiter gegangen. Wir aficionados können vor dieser Sturmflut an Hass nicht stumm bleiben. Dieses Mal haben Sie nicht hilflose und aufgeregten aficionados provoziert, sondern Gendarmen, deren Aufgabe der Erhalt der Ordnung ist. Wir haben sehr wohl verstanden, dass Sie die Tatsache, dass Sie Ihre eigenen Aktivisten in Gefahr bringen, mit dem leider abgenützten Argument des Terroristen, der ein Opfer seiner eigenen Bombe wird oder des Feuerwehrmannes, der im Brand umkommt, rechtfertigen: Fanatiker haben zu allen Zeiten ihre Ausschreitungen mit dem höheren Interesse an einer „guten Sache“ gerechtfertigt.

In seiner Ausgabe vom 28. August 2013 berichtet Midi Libre, sie hätten, um Ihr inakzeptables Verhalten zu rechtfertigen, sich auf den Begriff des „Zivilen Ungehorsams“ berufen.  Sie haben dabei offensichtlich vergessen, dass dieser nur in einem nicht demokratischeren Staat, wo die Grundrechte der Menschen nicht respektiert werden, vorgebracht werden kann.

Ich bitte Sie Monsieur Garrigues, beleidigen Sie mit solchen Vergleichen nicht das Gedenken an Gandhi oder Martin Luther King.

Monsieur Henry Emmanuelli, der Abgeordnete und Präsident des Conseil General des Landes, zeigt sich in seinem Antwortschreiben mit Fug und Recht besorgt über Ihre Auffassung von Demokratie. So wie er sind auch wir der Meinung, dass in der heutigen Zeit unsere Mitbürger in unserem Land sicher Besseres zu tun haben, als sich über eine Frage zu entzweien, deren unvereinbare Gesichtspunkte man von vorne herein kennt.

Seit wann muss man über ein Kulturgut abstimmen? Was uns betrifft, wir haben die Schwäche zu denken, dass es für unsere Republik eine Ehre bedeutet, die Kulturen der Minderheiten zu beschützen. Die Demokratie ist nicht dazu da, Unterschiede in der Politik, der Religion, der Philosophie oder der Kultur zu unterdrücken, sondern sie soll im Gegenteil ermöglichen, dass alle in Frieden nebeneinander leben.

Im Laufe des Oktobers finden in Manduel, in Beaucaire, Rodilhan und Vauvert (Gemeinden, die sie üblicherweise angreifen), verschiedene taurinische Ereignisse statt. Die aficionados erinnern eindringlich daran, dass sie niemanden zwingen, in die Arena zu gehen. Sie nötigen die nicht, die nicht dieselben Werte, wie sie haben und sie wollen auch nicht für alle Menschen das Verhältnis zwischen Mensch und Tier festlegen. Sie würden im Gegenteil niemals akzeptieren, dass irgendjemand für sie entscheidet, was gut oder schlecht für sie ist. Erinnern Sie sich Monsieur Garrugues, dass von den Katharern bis zu den Hugenotten, von Mistral bis zu Gaston Doumergue, die Menschen des Midi, für die die tauristische Tradition  Teil ihrer Identität ist, sich noch niemals ihr Gewissen von irgendjemandem vorschreiben haben lassen.

Mit Pascal setzen wir auf Ihre Intelligenz. Wir hoffen, dass Ihre Vernunft über Ihre Leidenschaft die Oberhand gewinnt, bevor Ihre unaufhörlichen Provokationen irreversibel werden. Überdenken Sie in einem klaren Augenblick die vernünftigen Gedanken dieses Philosophen, der Sie Folgendes lehrt:
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„Der Mensch ist weder Engel noch Tier, 
und das Unglück will es, 
dass wer einen Engel aus ihm machen will, 
ein Tier aus ihm macht.“
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Les 28 Clubs de la Coordination des Clubs Taurins de Nîmes et du Gard