Mittwoch, 22. Mai 2013

Mit den Victorinos nach Madrid (2. Teil)


SfA begleitet einer der berühmtesten Stierzuchten nach Las Ventas
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von Colin Ernst 


Zusammenfassung: Madrid und die Stiere

In Madrid hat es der torero nicht leicht, niemals gehabt. Morenito de Aranda, hat gefallen, aber keine trofeo bekommen. Die erste puerta grande öffnete sich für einen torero zu Pferde, der rejoneador aus Sevilla, Diego Ventura. Felicidades maestro! Die erste trofeo konnte Perrera für sich verbuchen, der mit seiner faena das Madrider Publikum begeistern konnte. Felicidades maestro con mucho gusto! Las Ventas in Madrid war nie gefüllt, erst heute, bei der confirmación von Jiménez Fortes aus Málaga mit Morante de la Puebla und José María Manzanares und den Domecqs. "No hay billetes" - keine Eintrittskarten mehr zu bekommen. Das Größte für den empresario einer plaza. Die beste Nachricht für den Züchter und den torero. Und was passiert? Der Regenguss, der Las Ventas nicht verschont, ruft maestro Morante auf den Plan, er besichtigt das ruedo am Morgen seines Kampfes - da muss was getan werden! Hier kann man sehen, wie sich die figuras selbst um Details kümmern - die areneros haben viel zu tun, um die Arena in Form zu bringen. Morantes Einsatz fruchtet, die corrida findet statt. Die Temperaturen sind eisig, das Madrider Publikum auch, keine orejas, für keinen dieser drei großen matadores, keine vuelta al ruedo für die berühmten Domecq Stiere. 


Im Internetportal tentaero, habe ich mir die tweets der aficionados angesehen, die im großen und ganzen meine Meinung vertreten. Die Stiere waren nicht so, wie erwartet. Natürlich, denn von Domecq wird viel erwartet. Und von Morante und Manzanares erwartet man angesichts dieser encaste, Höchstleistungen. Fortes hat da noch "Welpenschutz". Die Kritiken sind auf Seiten Morantes, was die capa-Arbeit angeht, auf Seiten Fortes, der recht gut war, auf Seiten Manzanares, der "hätte" glänzen können. "No hay billetes", das heißt ein fünf Sterne cartel! Wenn dann keiner der Protagonisten triumphieren kann, ist es gelinde ausgedrückt: Ein Desaster! Morante füllt jede plaza, aber orejas hat er diese Saison in Spanien noch nicht bekommen. Es ist, als ob alle aficionados auf den "einen " Stier warten, mit dem Morante tanzt, wo er seine Kunst entfalten kann. Morantistas, toreistas, toristas - alle warten - ich auch. Manzanares, der "Prinz von Sevilla ", hat auch jede Menge aficionados im Rücken, aber mit toros, die nicht auf seiner "altura" (Höhe) sind, kann er keine estocada recibiendo zeigen. und darauf warten wir. Madrid, die aficionados aller Welt, warten auf DEN STIER und DEN TORERO! Wenn die Feria de San Isidro vorbei ist, wird es eine neue Statistik geben, man wird in den "Best Off"- Listen Namen streichen, Namen hinzufügen, Namen die Geschichte schreiben, Namen von Stieren, die hier geglänzt haben, mit ihrer bravura. Namen von toreros  welche die puerta grande öffnen konnten, Namen von toreros  die ihr Blut in der Arena von Las Ventas (Übersetzt heisst es "Die Verkaufte" ???), Namen der ganadería, die mit ihrer Zucht den Olymp erklommen haben. Las Ventas - ist Leben und Sterben zugleich, ...für einen banderillero, der versagt, oder mit ovaciones geehrt wird. Für den Zuschauer, der einen Teil seines Monatslohnes geopfert hat. Für den Züchter, der das Beste präsentieren will und dessen Stiere zurück gegeben werden - eine Schmach. Man wird in Zukunft vielleicht (....) keine toros dieser ganadería ordern... 560 Tiere zum Metzger (Las Coquillas)... Der matador geht, abgesehen von möglichem Blutverlust, auch ein Risiko ein, denn versagt er, kann er quasi einpacken. Das Versagen hängt von den Stieren ab - der aficionado weiss zu unterscheiden, ob sich mit den Stieren wenig anfangen lies, oder ob der torero nicht die Klasse für Las Ventas hat. Die Monumental ist sehr entscheidend, für den Weg eines matadores, seine Meisterprüfung. Viele haben es, wie Alejandro Talavante, mehrmals geschafft, die puerta grande in Las Ventas zu öffnen. Wir werden sehen, ob ihm dies, am Samstag, 19:00 Uhr wieder gelingt, mit den toros der ganadería Victorino Martin, als einziger Protagonist. Fuerza y suerte, maestro! 

Talavante und Madrid

Raus aus dem Flieger, in der Flughafentoilette "in Schale" geschmissen und mit der Pressesprecherin Victorinos, Marlen, ab zur plaza. Die Monumental ist beeindruckend, gut zwei Stunden vor Beginn der corrida haben sich die aficionados eingefunden. Überall stehnen Gruppen zusammen, die nur ein Thema diskutieren: Talavante und die Victorinos. In der Menge kann man bekannte Gesichter ausmachen, Jaime Ostros, El Juli, Victorino Martin sen. und andere. Die aficionados bitten um ein Foto, ein ums andere mal. In Begleitung des bekannten Taurinokritikers José Luis Carabias und des Fotografen Ivan Matito betrete ich die heiligen Hallen von Las Ventas.

23.798 Zuschauer - AUSVERKAUFT
(Foto: Boris Kahl)
In der plaza hätte keine Maus mehr Platz, so dicht gedrängt, sitzt man auf den engen Steinstufen, die Buissnesclass im Flieger war dagegen ein Luxus. Zusammen mit anderen, eingeladenen Gästen Victorinos, sitze ich quasi unter dem Balcon des Presidenten, die plaza gleicht einem Hornissenschwarm. Dann kommt Talavante mit seiner cuadrilla in die Arena, begleitet von fenetischem Aplaus. Ich denke, jeder hier ist überzeugt, heute ein ganz besonderes Schauspiel zu erleben... Ich bin ein wenig entäuscht, statt der goldglänzenden traje de luces, trägt er ein rot-schwarzes Gewand, das eher der traje eines banderilleros gleicht.

(Foto: Ivan Lopez Matito)
Der erste toro kommt aus dem toril, gemessenen Schrittes betritt er die plaza  schaut sich um und beschließt die Sache langsam anzugehen. Das Publikum ist mucksmäuschen still, was beeindruckend ist, in so einer großen plaza  Das schöne Gesicht des Stieres kann ich sogar von dem weit oben gelegenen tendido ausmachen, es strahlt Selbstbewusstsein aus. Als "Boticario" endlich Talavante angreift, hat er das Pech, genau in dem Winkel der Arena Talavantes capa zu folgen, wo der Boden vom Regen aufgeweicht und rutschig ist, ein Vordebein knickt bei dieser Aktion ein, aber er ist schnell auf den Beinen. In meinen Augen, ein grober Fehler Talavantes, den Stier so brusk passieren zu lassen, wenn der Boden dort so rutschig ist.

(Foto: Ivan Lopez Matito)
Der toro greift nicht gleich an, sondern scheint zu überlegen, wen er sich zur Brust nimmt. Vielleicht geht es dem Tier wie mir, denn es ist vollkommen unklar, was das Team Talavantes da unten treibt. Es herrscht eine Unortnung in der Verteilung der Aufgaben, als wenn sie nicht genau wüssten, wer was, wann zu tun hat - Keiner zitiert den Stier, keiner leitet den toro in eine bestimmte Richtung. Ich bin verwirrt, so etwas habe ich noch nie in einer corrida gesehen - cuadrilla ohne Order.
(Foto: Ivan Lopez Matito)
Im tercio de varas, geht der Stier entschlossen auf das, vom peto geschützte Pferd los, was der picador gleich zwei Mal hart bestraft. Die aficionados pfeifen und schimpfen, denn das muss nicht sein. Im tercio de banderillas, werde ich wieder entäuscht, die banderilleros sind zum Teil überfordert, kaum ein banderillo wird richtig plaziert, das Setzen der banderillas, sonst immer einer der Höhepunkte, gleicht einem Trauerspiel. Und das, sowie die Überforderung des jungen matadores, ziehen sich wie ein roter Faden, durch die ganze corrida  Keine Erwartung wird erfüllt, Die ersten zwei toros, hielten nicht unbedingt, was sie versprachen, aber ich denke, das sie mit einem erfahrenen torero besser ausgesehen hätten. Der dritte Stier Matacanas, kommt aus dem toril geschossen und läd Talavante ein, mit ihm zu tanzen. Nun wird die plaza lebendig, die ole-Rufe produzieren Gänsehaut.

(Foto: Ivan Lopez Matito)
(Foto: Ivan Lopez Matito)
Eine gute faena. Aber diesmal verhindert die misslungene estocada, den Triumpf. Ich habe bei jedem Stier den Eindruck, das er noch besser sein könnte als der vorherige. Wird aber von der, etwas kopflosen Arbeit der cuadrilla überrascht. Der Stier verausgabt sich am Pferd, weil keiner die quites zum adäquaten Zeitpunkt macht. Unsinnige capotazos und muletazos, erreichen weder Stier noch Publikum, welches langsam die Geduld verliert. Nummer 5, "Plazajero", ist auch ein Stier, mit dem ein torero etwas anfangen könnte, aber auch hier versagt Talavante, der konzeptlos versucht, den Stieren pases zu entlocken. Junger Mann, da muss man auch mal näher ran! Bisher hatte Alejandro noch die Unterstützung vom Publikum, aber dessen Geduld ist nun erschöpft, es hagelt Sprüche, Geschimpfe und Pfiffe, als er den sechsten de la tarde, "Jaquita" nach kurzem, lustlosen toreo, vor der Zeit tötet. Respektloses Agieren eines resignierenden toreros. Die Zuschauer fliehen regelrecht, noch bevor der torero sich, zur estocada in Stellung bringt. Das Madrider Publikum kehrt ihm den Rücken zu....

Ratlose toreros (Foto: Ivan Lopez Matito)
Gesenkten Hauptes, verlässt Talavante das ruedo, unter Pfiffen und einem Hagel von Sitzkissen. Unsere Gruppe sitzt wie geschockt, kopfschüttelnd auf den kalten Steintreppen - Alles fragt sich : Was war das - was haben wir da sehen müssen? Schlechte estocadas  schlechtes Setzen der banderillas planloses capa schwingen, mäßige muletazos ...zwei mäßige Stiere, zwei gute toros  zwei Stiere, die Talavante den Triumpf hätten Schenken können. Aus einem unvergessenen Nachmittag, wurde ein Abend zum Vergessen. Das war nicht der Talavante, den man kennt.

Nun habe ich Zugang zum Herz der plaza, den Katakomben, wo die unglücklichen Protagonisten sich der Presse stellen. Was soll man dem Publikum erklären, wie lässt sich so etwas erklären? Die ganze Vorbereitung, das ganze Spektakel, alles für die Katz - der Schaden ist groß! Jeder aficionado konnte sehen, das der torero heute nicht auf der Höhe war, und auch die Stiere ließen Wünsche offen, was selbst Victorino Martin, der Züchter bestätigt. Es wird einen regelrechten Pressekrieg geben, die Paperpress, bezahlt von den toreros  wird an den Victorinos kein gutes Haar lassen. Die Internetpresse wird etwas objektiver sein, die Tweets in den Taurinoportalen, sind nicht zu gunsten Talavantes. Mit José Luis bin ich im Presseraum gewesen, wo alles über den Computern hängt, schreibt und Fotos verschickt. Es ist sehr still dort, normalerweise herrscht fröhliches Gewusel, aber die Tatsache, das man nun über etwas derart Unerfreuliches berichten muss, erstickt jedes Geräusch. Ich wandere durch die "heiligen Hallen", die Händler sind im Aufbruch, die areneros sammeln die Sitzkissen auf, die dort im Sand liegen. Schnell stelle ich mich hinter einen burladero, ich habe noch eine Mission zu erfüllen : Etwas Sand aus Las Ventas, für meine aficionada No. 1, meine Mutter, die eine kleine Sammlung von Sand aus verschiedenen plazas besitzt. Wichtig, man muss ihn wirklich aus der plaza "stehlen", gekaufter Sand gilt nicht. Gegen halb Zwölf brechen wir endlich auf, der Rummel hat sich verflüchtigt und alle sind erschöpft. In der Haut des ganaderos möchte ich nicht stecken, in der Talavantes auch nicht. Mit Marlen fahre ich nach Hause, wo wir, nach kurzem Luftholen, unsere Waffen schärfen: Die Computer. Ich lese die Kritiken vor, Marlene beginnt mit ihrem Text, der die Meinung des Züchters wiederspiegeln soll. Gegen zwei Uhr morgens kommt auch José Luis, der noch die Nachlese der corrida im Radio gesprochen hat (Canal 24h -RNE1 y RNE5 21:05 und "El 5. toro um 21:45h RNE5.) So brüten wir zu dritt über den Texten von Marlen, jedes Wort wird mit der Lupe seziert, denn man muss vorsichtig sein, mit seinen Äußerungen, in diesen Kreisen. 

Mein Rückblick: Ich bin, gut vorbereitet zu "meinem" Debut in Las Ventas gereist, habe mich demütig vor der Kathedrale der tauromaquia verneigt. Habe meine unbequeme "traje de luzes" angelegt, und mein Herzblut auf dem Pflaster des patio de arrastre vergossen (Meine geliebte Canon, ist im Gedränge runtergefallen, das Objektiv karputt und ich habe nicht ein Foto machen können). Aber um einen Traum zu leben, muss man opfern können und mein Traum ist noch nicht vorbei, denn morgen geht es mit den Victorinos nach Talavera de la Reina, wo ich das Vergnügen haben werde, El Cid, Uceda Leal und Ivan Fandiño zu sehen, mit den tapferen Stieren Victorino Martins.