Dienstag, 7. September 2010

Blut in Barcelona

Katalanische Scheinheiligkeit
¡toros no! ¡toros si! Ja, was denn nun?

In der letzten Woche hat sich am Stadtbild von Barcelona etwas verändert. Stierkampf-Plakate schmückten die Strassen. Das war bis jetzt verboten, um die tauromaquia in der katalanischen Metropole weitgehenst zu verhindern. Doch nun waren sie präsent. Und stolz sind die Katalanen auf ihren Fortschritt. Auf ihre unblutige Neuerung! "Sense sang" leuchtet auf gelben Hintergrund dem Betrachter entgegen. Ohne Blut! Un espectáculo sin sangre. Spanienweit wurde es in den Medien publiziert. Und mehr noch. Kinder, unter 14 Jahren waren ebenfalls Willkommen, denn es sollte ja kein Blut zu sehen sein. ¡Sin sangre!

Doch es kam anders. Der schwerste Zwischenfall in dieser Saison in der katalanischen Hauptstadt brachte erneut Blut in die Arena. ¡Sangre en la plaza de toros! Der recortador Ismael Cárdenas Cervera wurde von einem toro bravo auf die Hörner genommen. Aus den beiden Wunden, die eine 35 cm lang, die andere 6 cm quoll das Blut. La sangre. Und das vor den Augen der Kinder. Aus der Veranstaltung wurde ein espectáculo mit Blut. ¡Con sangre!

Blut, für die einen gehört es dazu, für die anderen Grund genug den Stierkampf abzuschaffen. Die Frage scheint gerechtfertigt, was ist eigentlich mit dem Blut der Menschen? Was ist mit dem Leiden der Menschen? Was ist wenn ein torero in der plaza de toros stirbt? Das dürfen Kinder sehen? Die Stiere werden ja nicht weniger gefährlich.

Die konservative Tageszeitung ABC bezeichnet dieses Paradoxum als politische Doppelmoral. Auf der einen Seite verbieten die Katalanen die corrida de toros aber auf der anderen Seite halten sie ihre anderen Stierfeste für gerechtfertigt. Kurios dabei, sie verteidigen jene Feste mit denselben Argumenten, wie die Spanier ihre corrida de toros als berechtigt gelten lassen. ¡Toros si! oder ¡toros no!, die Katalanen sollten sich entscheiden. Spanien staunt über seine katalanischen Mitbürger, die zumindest in Sachen der tauromaquia immer mehr an Glaubwürdigkeit verlieren.