Freitag, 5. März 2010

Natürlich tut das weh!

In Katalonien wird über den Stierkampf diskutiert. Auch das nationale Interesse ist grösser geworden. Fast alle Tageszeitungen berichten täglich gar auf mehreren Seiten davon. Dabei fiel das Augenmerk eigentlich fast gar nicht auf die Aussagen der taurinos, sondern viel mehr auf die verbalen und emotionalen Geschosse der Stierkampfgegner. Gewiss es gab auch relativ sachliche Anmerkungen wie die des Ethologen Jordi Casamitjana: “Vom ökologischen und zoologischen Standpunkt betrachtet leidet der Stier … und Schuld daran ist die corrida de toros.”  Eine klare Aussage.

Doch als der baskische Philosoph Jesús Mosterín das Wort ergriff, bekam die Debatte eine neue Dimension:  “Wir regen uns darüber auf, dass in Afrika die Klitoris der Frau beschnitten wird,” und fügt an späterer Stelle hinzu, “Die Misshandlung der Frau sei ebenfalls eine Tradition.” Beide Vorgänge sind Verbrechen, kriminelle Handlungen gegen die Menschlichkeit und vor europäischer Gerichtbarkeit. Und auf genau diese Ebene wird die afición von den Tierschützern gestellt.

Politiker reagieren

Aber hier gingen die Tierschützer wohl auch den Politikern auf nationaler Ebene zu weit. Der Oppositionsführer der Partido Popular Mariano Rajoy nahm diesbezüglich gestern beim spanischen Privatsender Telecinco Stellung: “Es sei vollkommen unakzeptabel, das Leiden der Tiere bei eine corrida de toros mit Frauenmisshandlung oder afrikanischen Traditionen wie die Klitorisbeschneidung zu vergleichen.” Die Katalanen wären gut beraten sich doch mehr auf die aktuellen Probleme zu konzentrieren, denn immerhin 600.000 Katalanen sind arbeitslos, und denen sei es relativ egal, was denn mit den toros geschehe. Und wenn überhaupt denken sie bei einer abolición de las corridas de toros en Cataluña eher an weiterer Arbeitsplatzvernichtung.

Auch die Präsidentin der Comunidad de Madrid Esperanza Aguirre reagierte auf die katalanische Offensive. Die tauromaquia “sei eine Kunst die es wert ist zu verteidigen und gehöre seit undenkbaren Zeiten zur spanischen und mediterranen Kultur.” Um den Stierkampf nun in der Region Madrid gesetzlich zu schützen soll im Laufe der nächsten 15 Monate die fiesta nacional zum regionalen Kulturerbe erklärt werden.

Auch aus Frankreich kamen Stimmen. Der sozialistische Politiker   Christian Bourquin kommentierte die katalonische Debatte als “einen Angriff auf die Freiheit und den Respekt zum Pluralismus sowie als Angriff auf eine Minderheit.”

Sind aficionados Kriminelle?

Im September 2008 wurden im deutschsprachigen Forum spanien-talk toreros als Massenmörder bezeichnet. Sogar Hitlervergleiche werden gezogen. Stierkampffans seien Nazis und Päderasten, unheilbar kranke Menschen. Grabschändung eines toreros wird gut geheissen usw.

Der Hass auf die afición geht manchmal so weit, dass wir zum Beispiel bei einem Kommentar bei SOS Galgos im Oktober letzten Jahres lesen konnten: “Den Tieren das Leben - den Taurinos den Tod!”

Wer die Debatte aus einem neutralen Blickwinkel verfolgt wird erkennen, dass die Welt der antitaurinos sehr bemüht ist, die Anhänger der tauromaquia zu kriminalisieren. Obwohl das Recht auf tauromaquia in der spanischen Verfassung verankert ist, wird der afición von den Tierschützern eben nicht nur jenes Grundrecht mit einer Selbstverständlichkeit abgesprochen, nein viel mehr, die ganze Welt der toros wird geradezu kriminalisiert. Als Verbrecher abgestempelt. Veranstalter und Manager sind Mafiabosse, die toreros Auftragskiller und die Zuschauer die Kleinganoven, die Verachteten einer modernen Gesellschaft. Und hier kommt die Frage auf, haben sie, die Tierschützer überhaupt ein Recht dazu? Und wie fühlen wir uns als Teil dieser taurinischen Welt? Uns stimmt dieses wohl eher traurig. Mehr noch. Es tut weh … natürlich tut es weh!