Dienstag, 1. September 2009

Die päpstliche Bulle von 1567

Die römisch-katholische Kirche verbietet Stierfeste

Immer wieder berufen sich Tierschützer auf Papst Pius V (1504 -1572) und seine berühmte päpstliche Bulle aus dem Jahr 1567, die die Teilnahme an Stierfesten unter Androhung der Exkommunizierung verboten hatte.

Was kaum einer weiß, Pius V war vor seinem päpstlichen Wirken 28 Jahre lang Inquisitor für die Provinzen Como und Bergamo und 3 Jahre lang Großinquisitor der römisch katholischen Kirche. Da fällt es einem wirklich schwer zu glauben, der Papst hätte damals sein Herz für die Stiere entdeckt. Ganz gewiss nicht. Es ging ihm dabei um kirchliche wie politische Angelegenheiten:

ERSTENS: Was ihn schon damals als Großinquisitor mächtig störte war, dass Philipp II von Spanien (1527 – 1598) die spanische Inquisition als staatliche Organisation in festen Händen hielt, und nicht daran dachte diese Rom zu unterstellen.

ZWEITENS: An solchen Stierfesten kamen nicht selten zahlreiche caballeros ums Leben. Die Kirche konnte nicht akzeptieren, dass die edlen Ritter ihr von Gott geschenktes Leben so einfach dahin warfen. Außerdem fehlten sie dann für die Kriegseinsätze unter christlicher Flagge.

DRITTENS: Stierfeste fanden oft sonntags statt. Sie begannen schon gegen zehn Uhr am Vormittag und endeten in regelrechten Orgien bis spät in der Nacht hinein. Für den besuch von Gottesdienste gab es da keine Zeit und dadurch blieben viele Gotteshäuser leer.

Spanien spielte aber für Pius V eine wichtige Rolle, gerade im Kampf gegen das osmanische Reich. Um ein wenig mehr Kontrolle über die Iberische Halbinsel zu bekommen, ließ er jene päpstliche Bulle aufsetzen. Doch er machte die Rechnung ohne Philipp II. Dieser nämlich befürchtete Unruhen des Volkes, gar den Unmut des Adels, dem die Organisation jener Stierfeste unterlag, und ließ diese päpstliche Bulle erst gar nicht veröffentlichen. Als Erklärung schrieb er an den Vatikan : „Die Bräuche der Stierkämpfe liegen den Spaniern einfach einfach im Blut.“

Der historische Ablauf:

1567 wird die päpstliche Bulle De salutis gregis dominici von Papst Pius V veröffentlicht, in der die Stierkämpfe unter Androhung der Exkommunizierung verboten worden sind.
1575 lockerte Papst Gregor XIII diese Bulle in seinem Schreiben Exponis nobis super wieder auf, indem er das Verbot von Stierkämpfen nur auf Sonntage und geistliche Würdenträger bezog. Papst Gregor hatte sich nur deshalb darauf eingelassen habe, damit Spanien gleichzeitig mit Portugal, Italien und den katholischen Zonen in Polen 1582 den Gregorianischen Kalender einführt.
1583 setzte Papst Sixto V die päpstliche Bulle vom Stierkampfverbot wieder in Kraft. Vorher als Inquisitor von Venedig hatte ihn das Zugeständnis seines Vorgängers verärgert. Die eigentlichen Gründe für diesen Missmut decken sich wohl mit denen von Pius V. Aber es liegt auf der Hand, dass das Verbot von Stierkämpfen wieder mal eher eine Angelegenheit der Inquisition war und nicht unbedingt als Schutzfunktion für die Stiere anzusehen ist.
Obwohl Spanien den Vatikan des Machtmissbrauches und Interpretationsfalschheit beschuldigte wurde das vatikanische Verbot erst wieder nach dreizehn Jahren aufgehoben.
1596 hebt Papst Clemens VIII mit seiner Bulle Suscepti numeris alle Verbote bezüglich der Stierkämpfe auf.

Und wie steht es mit der Wirkkraft der päpstlichen Bulle?

Die Foundation Franz Weber aus der Schweiz veranstaltete diesbezüglich im Juni 2008 einen Schauprozess in Genf. Um diesem einseitigen Prozess einen professionellen Anstrich zu geben sprechen sie von einem Urteil des Internationalen Gerichtshofes für Tierrechte hinter dem die United Animal Nations steht. Das “Vereinte Nationen” wirkt dabei ein wenig irritierend, denn mit den Vereinten Nationen hat diese frei-gemeinnützige Organisation nichts gemein. Im Urteil ist nachzulesen:

“Bis zur Umsetzung dieser Abschaffung fordert der Gerichtshof vom Papst Benedikt XVI, die die Stierkampfspiele unwiderruflich verurteilende Bulle DE SALUTE GREGI DOMINICI des Papstes Pius V, die immer noch gültig ist, zu erneuern und klare Richtlinien zu erlassen, nach denen die blutigen und abscheulichen Veranstaltungen, die Stierkämpfe darstellen, verurteilt werden müssen.”

Die Theologische Fakultät in Trier sieht es anders:
"Zur Frage der Gültigkeit: Wenn eine päpstliche Bulle nicht widerrufen wird, bleibt sie natürlich gültig. Viele päpstlichen Bullen haben aber keine tatsächliche Wirkkraft erlangt und sind im staatlichen oder kirchlichen Leben bedeutungslos geblieben. So haben mehrere Päpste im Mittelalter in Bullen die Ritualmordbezichtigungen gegen die Juden ausdrücklich verurteilt und Unwissenheit und Habgier auf Seiten der Christen als die eigentlichen Motive für diese falschen Anschuldigungen der Juden bezeichnet. Gefruchtet hat das nicht.
Bei Pastor steht übrigens auch, dass König Philipp II. und die spanischen Granden sich sofort gegen das Verbot der Stierkämpfe gewandt haben. Es haben zwar einige spanische Bischöfe im sog. Reformlibell der spanischen Bischöfe auf dem Konzil von Trient (1561-1563) unter vielen Reformforderungen auch das Verbot von Stierkämpfen und sonstigen Tierhetzen (besonders an Sonn- und Feiertagen) verlangt. Die Namen dieser Bischöfe werden jedoch nicht genannt. Auf der anderen Seite fand Philipp II. auch willfährige Theologen, die ihm in ihren Gutachten die Unbedenklichkeit der Stierkämpfe bescheinigten.
Ich vermute, dass das auch für den heutigen niederen und höheren Klerus in Spanien gilt."

Da die päpstliche Bulle von 1567 und deren Wiederaktivierung von 1583 im Jahr 1596 von Papst Clemens VIII eindeutig widerrufen worden ist, hat diese entsprechend auch keine Gültigkeit mehr. Jede weitere Diskussion darüber scheint überflüssig.

Siehe auch: Der katholische Stier